„Ein Meilenstein für die Menschenrechte“ Queer-Beauftragter Sven Lehmann zu den Eckpunkten für ein Selbstbestimmungsgesetz
Heute haben das Bundesfamilienministerium und das Bundesministerium der Justiz als federführende Ressorts gemeinsam die Eckpunkte für ein Selbstbestimmungsgesetz vorgestellt. Das Selbstbestimmungsgesetz soll das bestehende Transsexuellengesetz (TSG) ablösen und durch eine neue, durch Selbstbestimmung geprägte Regelung ersetzen.
Dazu erklärt Sven Lehmann MdB, Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (Queer-Beauftragter):
„Der heutige Tag ist ein Meilenstein für die Menschenrechte von trans*, inter* und nicht-binären Menschen. Mit den vorgestellten Eckpunkten sind wir ein gutes Stück weiter auf dem Weg zu einem echten Selbstbestimmungsgesetz ohne demütigende Zwangsbegutachtungen, staatliche Bevormundung und diskriminierender Gängelung.
Ob bei Bewerbungen, beim Bezahlen mit der EC-Karte, bei Reisen, in der Arztpraxis oder in der Bibliothek – ohne passende persönliche Dokumente kann jede Situation zum Spießrutenlauf werden. Wer Betroffenen zuhört, spürt den großen Leidensdruck durch das jetzige Transsexuellengesetz. Seit über 40 Jahren verletzt das Transsexuellengesetz die Würde des Menschen. Die Bundesregierung will diese Diskriminierung und Fremdbestimmung endlich beenden.
Das Vorhaben ist ein bedeutendes Signal für die Akzeptanz von trans*, inter* und nicht-binären Menschen. Ich bin mir sicher, dass die staatliche Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt auch zur gesellschaftlichen Akzeptanz im Alltag beitragen wird.
Durch das Transsexuellengesetz ist viel Unrecht geschehen: Menschen mussten sich scheiden lassen, sich sterilisieren lassen und sich Operationen unterziehen, nur um in ihrer Geschlechtsidentität anerkannt zu werden. Daher ist es auch an der Zeit, dass wir uns für dieses Unrecht bei den Betroffenen entschuldigen und sie entschädigen.
Die neue Bundesregierung hat sich queerpolitisch viel vorgenommen. Wir zeigen, dass wir es mit dem Aufbruch für Vielfalt, Selbstbestimmung und gleiche Rechte für LSBTIQ* ernst meinen.“
Hintergrund
Das bestehende Transsexuellengesetz (TSG) verletzt seit über 40 Jahren die Rechte und die Würde von Menschen. Bereits sechs Mal seit Inkrafttreten des Gesetzes 1981 hat das Bundesverfassungsgericht einzelne Vorschriften für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgetragen, dieses Gesetz zu reformieren. Intergeschlechtliche Personen können den Personenstand bisher nur ändern, wenn sie mit einer ärztlichen Bescheinigung nachweisen, dass sie eine „körperliche Variante der Geschlechtsmerkmale“ haben.
Trans- , intergeschlechtliche und nicht binäre Menschen sollen mit dem geplanten Selbstbestimmungsgesetz die Möglichkeit zu einem selbstbestimmten Geschlechtseintrag erhalten. Zukünftig soll eine Änderung des Geschlechtseintrages und des Vornamens durch eine Erklärung vor dem Standesamt möglich sein. Die Vorlage ärztlicher Atteste oder von Gutachten und ein Gerichtsverfahren sollen nach dem Selbstbestimmungsgesetz nicht länger erforderlich sein.
BMFSFJ und BMJ haben heute als federführende Ressorts Eckpunkte für ein Selbstbestimmungsgesetz vorgelegt. Diese dienen auch als Grundlage für Gespräche mit den betroffenen Verbänden und Organisationen. Nach der Sommerpause soll der Referentenentwurf vorgelegt werden. Bis Ende 2022 soll das Bundeskabinett den Gesetzentwurf verabschieden und dem Bundestag übergeben. Das Inkrafttreten des Gesetzes ist für Mitte 2023 geplant.
Link zu den Eckpunkten: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/199382/3ca564087d19553bdddb4312bfa1c498/20220630-selbstbestimmungsgesetz-eckpunkte-data.pdf
Link zu dem Infopapier: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/199386/fadbdf8e5e67f9e8b4a153be3cedee14/selbstbestimmungsgesetz-infopapier-data.pdf
Text: PM Lehmann