queerNB zur Human Parade
Mit der Human Parade demonstrierten heute etwa 100 Menschen für die Vielfalt und den Zusammenhalt Neubrandenburgs. Der Demonstrationszug startete auf dem Marktplatz. Von dort ging es am Rathaus vorbei über die Demminer Straße ins Vogelviertel. Dort hielt Marcel Spittel, Vorsitzender des queerNB e. V., eine kurze Rede:
Mein Name ist Marcel Spittel. Gemeinsam mit sechs anderen tollen Menschen gründete ich vor ziemlich genau drei Monaten den Verein queerNB. Zwei der Gründungsmitglieder, Sebastian und Michael, stehen heute an meiner Seite. Seitdem konnten wir unsere Mitgliederzahl bereits verdoppeln. Das zeigt uns, dass wir ein Thema getroffen haben, welches viele bewegt. Gemeinsam treten wir für die Akzeptanz der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt hier in Neubrandenburg ein. Uns geht es unter anderem darum die Sichtbarkeit queeren Lebens zu fördern.
In Neubrandenburg leben bald 70.000 Menschen. Verschiedene Studien gehen von einem Anteil queerer Menschen an der Gesamtbevölkerung von 5 bis 10 Prozent aus. Umgerechnet auf unsere schöne Stadt sind das 3.500 bis 7.000 Personen. Es ist also klar: Wir sind hier, wir sind queer!
Besonders freuen wir uns, dass Neubrandenburg sei 2015 mit Silvio Witt einen schwulen Oberbürgermeister hat. Doch abgesehen davon taucht queeres Leben in der öffentlichen Wahrnehmung kaum auf. Das wird unter anderem in Gesprächen oder Zeitungsmeldungen deutlich, wenn wir mit Schlagworten wie „Vielfalt“ und „Weltoffenheit“ beschrieben werden. Selbstverständlich sind uns diese Werte auch wichtig. Doch es geht uns auch darum, genau diese vier Worte – Akzeptanz sexuelle und geschlechtliche Vielfalt – auszusprechen und sich nicht dafür verstecken zu müssen.
Dass das Versteckspiel auch in Neubrandenburg ein Thema ist, wurde in der jüngsten Vergangenheit an zwei homophoben Vorfällen deutlich. So wurde Silvio Witt in einem Internetkommentar angegriffen. Darin hieß es: „Oma und Opa wählen keinen homosexuellen Bürgermeister. Letztes Mal hats nur noch keiner gewusst.“ Außerdem wurde ich Ende März nach einer Demo gegen den Thor-Steinar-Laden von zwei Männern mit einer Bierflasche angegriffen. Beide Vorfälle sind öffentlich geworden, weil es die Opfer zur Sprache gebracht haben. Optimistisch stimmen dabei viele unterstützende Kommentare. Doch wie viele Menschen sind etwa während ihres Coming-Outs verunsichert und lassen sich von Schulhofkommentaren wie „Du schwule Sau“ massiv einschüchtern. Nicht zu wissen, wie die eigene Familie und der Freundeskreis zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt stehen verschärft diese Verunsicherung.
Doch auch wenn wir den Blick über unsere Stadtgrenzen hinaus werfen, sehen wir uns mit rückwärtsgewandten Tendenzen konfrontiert. So macht die CDU-Vorsitzende Karnevalswitze auf Kosten Intersexueller. Um das neue Transsexuellengesetz zieht sich eine ewige Debatte und die neuen Regelungen im Personenstandsrecht sind für viele Betroffene nach wie vor eine Zumutung, da sie sich demütigenden und pathologisierenden Begutachtungsprozessen unterziehen müssen.
Im internationalen Vergleich sieht es teilweise noch schlimmer aus. In 70 Ländern steht Homosexualität unter Strafe. Und auch in der EU gibt es Angriffe auf queere Aktivist*innen. So wurden 2018 im nur 100 Kilometer entfernten polnischen Stettin ein CSD-Stand angegriffen und zerstört. Alleine diese Beispiele zeigen, dass es sexuelle und geschlechtliche Minderheiten nicht einfach haben. Im Kampf für gleiche Rechte sind wir auf Solidarität angewiesen. Deshalb danke ich heute allen Demonstrierenden der Human Parade, die mit uns gemeinsam Flagge zeigen.
Vom Vogelviertel ging es weiter durch das Reitbahnviertel und von dort ins Jahnviertel und dann Richtung Broda gehen. Endpunkt der Demonstration war das Strandbad Broda. Dort fand auch die Prämierung des kreativsten Demobeitrags und der Vereinswertung statt. Eine Jury verlieh den drei kreativsten Beiträgen jeweils 2 Cinestar-Freikarten und Marktplatzcenter-Gutscheine.
Diese Wertung konnten wir mit unserer laufenden Regenbogenflagge eindeutig für uns entscheiden. In der Vereinswertung ging pro teilnehmender Person 1 Euro an einen lokalen Spendentopf. In einer Onlineabstimmung konnte für die Vereine oder soziale Einrichtungen gevoten werden. Mit 200 Stimmen gewann diesen Wettbewerb das Red Cross Team Migration des DRK Neubrandenburg haushoch und sicherte sich damit 100 Euro. und den Spendenbetrag an die drei Erstplatzierten verteilen. Mit 28 Stimmen belegten wir Platz 2 und bekamen 60 Euro für unsere Vereinsarbeit. Den dritten Platz belegte die BUNDjugend Neubrandenburg.