queerNB solidarisiert sich mit LGBTIQ*Aktivist*innen in Neubrandenburgs Partnerstadt Koszalin
Am vergangenen Samstag fand zum zweiten Mal in der Geschichte der Marsz Równości in Neubrandenburgs polnischer Partnerstadt Koszalin statt. Zum Marsz Równości (zu Deutsch: Gleichstellungsmarsch) gehen in Polen, ähnlich den Demonstrationen zum Christopher Street Day in Deutschland, Menschen für die Rechte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten auf die Straße.
Aus diesem Anlass machten sich Marcel Spittel und Michael Hunze vom Verein queerNB auf die 280 Kilometer lange Reise nach Polen. An der Demo haben nach Polizeiangaben etwa 250 Menschen teilgenommen. Eine Zeitung schreibt hingegen von 400 Personen. Die Demonstration wurde von einem großen Polizeiaufgebot begleitet. Auf der etwa 5 Kilometer langen Route durch Koszalin gab es jedoch keine Zwischenfälle. Auch wenn die Demo im Vergleich zum Neubrandenburger CSD wesentlich kleiner ausfiel, war die Laune mindestens genauso ausgelassen. Die Neubrandenburger zeigten sich beeindruckt von der guten Stimmung während der gesamten Demo. Von ihrem Wagen aus heizten die Drag Künstler*innen Lelita Petit, Ala Express, Temida69 und Aira den Marsz Równości ordentlich ein. Mehrmals blieb der Demonstrationszug stehen, damit die vier auch mit der Masse feiern konnten. Außerdem winkten und jubelten einige Koszaliner*innen von ihren Balkonen und vom Straßenrand aus den Demonstrierenden zu.
Bevor die Demo gegen 16 Uhr startete, gab es eine beeindruckende Drag-Performance sowie mehrere Redebeiträge. In seiner Rede sagte Marcel Spittel, Vorsitzender von queerNB:
„Ich habe Glück, dass ich in Deutschland geboren wurde. Ich hätte genauso gut in Polen oder im Iran geboren sein können. Als schwuler Mann hätte mein Leben dort ganz anders ausgesehen! Gesellschaftliche Ausgrenzungen, Beschimpfungen oder sogar staatliche Verfolgung hätten mich treffen können. Doch warum? Ich wäre doch derselbe Mensch gewesen. Warum lässt man uns nicht so leben wie wir sind?“
Während Silvio Witt in den vergangenen Jahren stets die Schirmherrschaft über den Neubrandenburger CSD übernommen hat, tut sich sein Amtskollege in Koszalin, Piotr Jedliński, damit schwer. Weder hat Jedliński die Schirmherrschaft übernommen, noch wird auf einem der offiziellen Kanäle der Stadt der Marsz Równości erwähnt. Dementsprechend wütend äußert sich der polnischer LGBTIQ*-Aktivist Jacek Wezgraj auf seiner Facebook-Seite:
„Die Präsidenten vieler Städte in Polen übernehmen nicht nur die Schirmherrschaft über die Gleichstellungsmärsche (wie in Krakau oder Breslau), sondern nehmen auch daran teil oder entsenden offizielle Vertreter (wie z. B. in Gdaansk, Warschau oder Posen). Sie verstehen, dass sie Vertreter der ganzen Stadt sind.“
In seinem Grußwort macht Neubrandenburgs Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) hingegen seine Unterstützung für die Koszaliner LGBTIQ*Aktivist*innen deutlich:
„Unsere Städte Neubrandenburg und Koszalin sind seit vielen Jahren befreundet. Bis 1989 war diese Freundschaft vor allem auch politisch beeinflusst. Aber 1989 erhielten wir dann in beiden Ländern das große Geschenk der Freiheit. Auch unsere Städtepartnerschaft konnte sich dadurch weiterentwickeln und ist nun in vielen Bereichen wie dem Sport, der Kultur und auch im Städtebau fest verankert. Gerade gestalten wir in Neubrandenburg den Eingang zu unserem Kulturpark neu, während Ihr in diesem gemeinsamen Projekt das Amphitheater in Koszalin saniert habt.
Doch für mich sind die Verbindungen unter uns Menschen wichtig. Unsere Gesellschaft lebt von der Vielfalt! Vor einigen Wochen haben wir bei uns in Neubrandenburg einen bunten CSD gefeiert und viele hunderte Menschen sind gekommen. Auch unsere Landtagspräsidentin und die Sozialministerin waren dabei. Für diese Normalität mussten wir lange kämpfen und dieser Kampf ist nicht vorbei, denn auch in Deutschland gibt es Kräfte gegen eine gesellschaftliche Vielfalt. Ich grüße Euch alle ganz herzlich und wünsche euch einen wunderschönen Tag. Wir möchten Euch wissen lassen, dass wir Euch unterstützen und Euch für Euren Mut, für Vielfalt auf die Straße zu gehen, bewundern. Herzlichen Dank für Eure Grüße und ebenso herzliche Grüße an Euch, unseren Freunden in Koszalin.“
„Wir wünschen uns, dass wir die Kooperation mit unseren Freund*innen in Koszalin in den kommenden Jahren noch weiter ausbauen können. Wir wollen Vorurteile abbauen und gemeinsam für gleiche Rechte kämpfen“, sagte Marcel Spittel zum Abschluss.
Tipp: Einen ausführlichen Berichts gibt es hier.