Stellungnahme vom Vorstand des queerNB e. V. zum Instagram-Beitrag der BUNDjugend MV vom 7. Juli 2022
In der Kritik der BUNDjugend MECKLENBURG-VORPOMMERN nehmen wir eine Vermischung von Polizei und Bundeswehr als Organisation auf der einen Seite sowie Polizist*innen und Soldat*innen als Angehörige dieser Organisationen auf der anderen Seite wahr. Eine Differenzierung dieser beiden Ebenen ist aus unserer Sicht jedoch unerlässlich, um dem komplexen Thema gerecht zu werden.
Aus unserer Sicht müssen Polizei und Bundeswehr noch größere Anstrengungen als bisher unternehmen um ihren Sicherheitsauftrag gegenüber LSBTIQ* als Teil der Bevölkerung aber auch gegenüber LSBTIQ* als Teil der eigenen Bediensteten wahrnehmen zu können. Das Verhältnis zwischen den Sicherheitsbehörden und der LSBTIQ*-Community muss nach wie vor als schwierig eingeschätzt werden.
Die durch die BUNDjugend MV genannte fehlende kritische Aufarbeitung der Polizei mit ihrer Rolle bei der Schwulenverfolgung im Zusammenhang mit dem § 175 ist dabei nur ein Beispiel. Wir möchten an dieser Stelle noch insbesondere die halbherzige Ausstattung der Stelle „Ansprechpartner für Opfer von homo- und transphober Gewalt in der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern“ beim Polizeipräsidium Neubrandenburg sowie das jüngste Disziplinarverfahren gegen die Bundeswehroffizierin Anastasia Biefang erwähnen.
Dieses schwierige Verhältnis zwischen Polizei und LSBTIQ* hat u. a. zur Folge, dass viel zu häufig Straftaten gegen LSBTIQ* nicht zur Anzeige gebracht werden, weil die Opfer kein Vertrauen in die Polizei haben oder sogar negative Erfahrungen im Kontakt mit der Polizei gemacht haben. Diesem Problem muss die Polizei entgegenwirken!
An dieser Stelle wäre es jedoch unfair, die – wenn auch wenigen – positiven Entwicklungen unter den Tisch fallen zu lassen. Besonders zu betonen ist dabei die seit vielen Jahren bestehende vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen queerNB und der „Ansprechpersonen gleichgeschlechtlicher Lebensweisen“ bei der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt, Steffen Schmidt, und vor dem Polizeipräsidium Neubrandenburg wehte am 17. Mai 2022 erstmalig anlässlich des IDAHOBIT* eine Regenbogenflagge.
Wir erkennen aber auch an, dass sich LSBTIQ* trotz dieser Umstände dazu entscheiden bei Polizei oder Bundeswehr zu arbeiten. Aufgrund der grundgesetzlich garantierten Berufswahlfreiheit ist das ihr gutes Recht. Queere Polizist*innen und Soldat*innen sind für uns selbstverständlich ein Teil der vielfältigen LSBTIQ*-Communitys. Wir stehen auch an ihrer Seite, wenn sie Diskriminierung innerhalb der staatlichen Sicherheitsorgane erfahren. Das wollen wir auch anlässlich des CSDs zum Ausdruck bringen und heißen Angehörige dieser Organisationen daher ausdrücklich auf unserer Demo willkommen.
Mit VelsPol MV und QueerBw gibt es außerdem sowohl bei der Polizei also auch bei der Bundeswehr queere Mitarbeiter*innennetzwerke, mit denen queerNB zusammenarbeitet. Ziel dieser Netzwerke ist es u. a. LSBTIQ* innerhalb von Polizei und Bundeswehr zu empowern und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Abschließend möchten wir noch anmerken, dass wir als queere Organisation irritiert sind, dass uns eine von heterosexuellen und cis-geschlechtlichen Menschen geprägte Organisation wie die BUNDjugend MECKLENBURG-VORPOMMERN vorschreiben will, wer an Demonstrationen anlässlich des Christopher Street Days teilnehmen darf. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit gilt in Deutschland auch für Polizist*innen, Soldat*innen und andere Angehörige staatlicher Organisationen. Von Versammlungen unter freiem Himmel – wie es die Demonstrationen zum CSD sind – wollen und dürfen wir niemanden ausschließen, solange die Person die Demonstration nicht stört.
Pingback: queerNB beim Herbsttreffen des CSD Deutschlands aktiv – queerNB e. V.